Mittwoch, 8. Januar 2014

Warum wir Umami geil finden und warum das verhängnisvoll sein kann




Was ist das überhaupt... Umami?

Also ich habe vom Biologie-Unterricht in der Schule noch die Zunge im Gedächtnis, die wir von der Tafel abmalen mussten, und wo genau die Geschmacksrezeptoren liegen.
Damals war nur von salzig, süss, sauer und bitter die Rede.
Von Umami keine Spur. Dabei wurde das schon 1908 beschrieben.

Das Wort Umami kommt aus dem Japanischen und beschreibt den fleischigen Geschmack, den wir alle mehr oder weniger ziemlich dolle lieben.

Wie oft hat man sich selbst schon sagen hören: "Süss, neee ich brauch etwas Herzhaftes..."
Genau... Wenns nicht Salz oder war Saures war, was der Körper da eingefordert hat, war's ziemlich sicher umami.

Wer sich an den Geschmack einer ordentlich deftigen Fleischbrühe lebhaft erinnert, der hat auch ein Gefühl dazu, was umami ist. Und - wir Menschen finden umami geil...

Und das macht ernährungsbiologisch sogar ziemlich Sinn.
Denn umami signalisiert unserem Körper "Jetzt kommt Protein. Und zwar leicht verfügbares und hochwertiges. Also druff...!"

Die Jieper locken uns ja immer zielgerichtet zu der Nahrung, die der Körper gerade braucht.
Von wenigen Ausnahmen wie Zucker und Alkohol vielleicht abgesehen.

Heute wird Fleisch nicht direkt nach dem Schlachten auf den Tisch gebracht, sondern erst einmal zum Reifen ausgehängt. Während dieses Reifeprozesses geschieht etwas mit den Proteinen, das hier jetzt den Rahmen sprengen würde (und vielleicht auch langweilig wäre).

Aber die Kurzform ist: Es macht sie für uns interessant und für den Körper leichter bzw überhaupt erst zugänglich. Früher haben das Aushängen und Reifen die Raubkatzen für unsere Stock-und-Faust-Keil-Vorfahren übernommen.

Denen haben sie es dann vom Baum geluchst... Zumindest geht man davon aus, denn echte Zeitzeugen sind da vermutlich nur schwer aufzutreiben...




Der Reifeprozess setzt gleichzeitig Glutaminsäure frei, und DIE ist der Geschmacksträger für unseren "Fleisch-ist-lecker-Sinn". Da hat die Natur mal wieder Wunderbares geschaffen. Und sinnvolles.

Nun war zur Sammler- und Jägerzeit Fleisch jetzt nicht immer im Supermarktregal verfügbar, man musste einiges dafür tun, um da überhaupt ran zu kommen. Tatsächlich war es für die Jungs und Mädels mit dem Faustkeil und deren Körper aber ja nicht weniger wichtig als heute für uns.

Man vermutet, dass die "Fleischeslust" und das Geilfinden daher so wichtig war, dass wir eigene Sensoren dafür entwickelt haben. Quasi als Motivation das "Du lenkst ihn ab, ich hol das Fleisch vom Baum" oder das mit dem "Stock dem Mammut aufn Kopp zu hauen" - Risiko überhaupt eingehen zu wollen.

Soweit so gut, Freispruch für das Steak, geil finden ist normal, wir dürfen ja schliesslich, denn wir brauchen Eiweiss genau so wie die Luft zum Atmen.



Jetzt kommt das grosse "Aber" und das "Leider"...
Man kann diesen Geschmack auch anders nachbilden. Im Ursprung übernahmen das die Japaner, in dem sie die Glutaminsäure aus dem Eiweiss der Sojabohne fermentierten. Das ist die dunkelbraune Sojasauce, in den sie ihren Sushi und den Reis stippen. Mögt Ihr auch? Verständlich. Ist ja umami und damit geil.

Heute quetscht man fürs Nachbilden von "Etwas" lieber Bakterien aus oder Schimmelpilze.
Die Lebensmittelchemiker sind da teilweise ganz stolz, die Zahlenmenschen der Industrie freut's, weil das billiger ist.

Im Fall der Fleisch-Lust-Mittel ist es das weisse Pulver, von dem der Asia-Imbiss-Koch immer ein Teelöffelchen ins Essen schippt.

Und das als Mononatriumglutamat und Hefeextrakt oder Würze in den meisten Fertigprodukten eingesetzt wird, die man sich so antut. Irgendwie auch verständlich, denn wie beim Zucker ist es ja sehr verkaufsfördernd und umsatztreibend, wenn man was beifügt, das der Konsument geil findet und was er wieder und wieder haben will...

Problematisch ist das allerdings aus 2 Gründen, und das kann eben zum Verhängnis werden:

Erstens ist der blosse Signal-Anzeiger von "Es schmeckt nach geilem Protein" ja noch lange kein Protein, das heisst unsere Körper werden getäuscht, da komme was, das dann doch nicht kommt.

Und zweitens ist dieser Wunsch der Industrie, die Produkte über unsere "Geilheit" an Mann und Frau zu bringen für uns ziemlich ungesund und leider übergewichtsfördernd.

Denn die Glutamate hebeln unseren Sattgefühl-Mechanismus aus und sorgen zusätzlich zum "Sex ohne Orgasmus" auch noch dafür, dass wir von allem viel mehr essen, als wir eigentlich Hunger haben.


Bis später.


Weiterführende Links:
Umami auf Wikipedia






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