Donnerstag, 26. März 2015

Schubladen

Denkkmalschubserle
Über Schubladen und Kategorien
Verhasst und doch lebensnotwendig


Keine Sorge, ich bleibe in diesem Blog schon beim Thema. 
Auch wenn dieser Bericht vermutlich nicht auf den ersten Blick etwas mit Abnehmen oder gesunder Ernährung zu tun hat. Ich halte ihn für wichtig, um ein klein bisschen besser verstanden zu werden, wenn ich meine Arbeit mache. Heute geht es um Schubladen.




Anlass ist ein kleiner Bericht, den ich neulich in der Facebook-Gruppe schrieb, als es um neue Mitglieder ging, die mit einem geringen Ausgangsgewicht zu uns kommen, und sich dann wundern, warum sie nicht ebenfalls in 2-kg-Schritten per Woche abnehmen, wie es andere von sich berichten. Ich schrieb dazu, dass mir aufgefallen war, dass es meiner Beobachtung nach 3 Kategorien gäbe, in die man diese Mitglieder aufteilen kann. Die dritte sei die Kategorie, die gar nicht merken oder glauben können, wie attraktiv und gesund sie auf ihren Profilbildern schon wirken und sich meiner Auffassung nach manchmal viel zu viel Druck auferlegen und zu hohe Ziele stecken.

Was dann geschah, war für mich recht erstaunlich und unerwartet. 
Mein Bericht war relativ allgemein gehalten, weil es ja auch eine allgemeine Beobachtung war. Frei von persönlicher Ansprache oder gar namentlicher Erwähnung. 
Trotzdem kommentierten diesen Bericht ein paar der Mitglieder und ordneten sich dabei selbst in diese dritte Kategorie ein. Teilweise fühlten sie sich offensichtlich derart angesprochen, dass man das Gefühl bekam, dass einige sogar davon ausgingen, der Bericht sei alleine für sie geschrieben.

Und da war es dann auch wieder...
Dieses reflexartige darauf Pochen, nicht in Kategorien oder Schubladen gesteckt werden zu wollen
. Es war fast schon ein bisschen amüsant das zu lesen, immerhin hatten sich diese Leute ja selbst dort eingeordnet.


Ich habe ein paar Tage darüber nachgedacht, was da wohl mit uns Menschen passiert. 

Und was doch einige von uns dazu bringt, sich mehr oder weniger stark dagegen zu wehren.

Ich glaube der Hauptgrund ist, dass man gerne als Individuum wahrgenommen werden möchte. Als einzigartig. Besonders. Möglicherweise haben diese Menschen die Sorge, dieses Recht oder Bedürfnis könnte ihnen abgesprochen werden, sobald sie in einem Bereich in eine Schublade gesteckt werden. Oder sich selbst stecken.

Auf der anderen Seite glaube ich aber, dass in dieser Ablehnung einer Kategorisierung unglaublich viel Energieverschwendung steckt. 
Und eigentlich sogar wenig Natürlichkeit.

Denn ich würde wetten, dass alle - inklusive der Schubladenrebellen - jeden Tag ungezählte Male genau das tun. Einordnen. Auf die eigenen Erfahrungen zurückgreifen. Vergleichen.

Ich finde daran nichts Schlechtes. Ich finde, dass es unserer mehr oder weniger ausgeprägten - aber bei allen vorhandenen - Sehnsucht nach Ordnung gerecht wird.

Ein ganz einfaches Beispiel: 
Jeder von uns hat eine Assoziation mit dem Wort "Mann". 
Genauso wie mit dem Wort "Frau". 
Das kann jetzt positiv belegt sein oder negativ. 
Aber bestimmte Attribute ordnen wir diesen Worten automatisch zu. 
Der eine ordnet "lange Haare" automatisch zu, jemand anderes "launisch" und wieder jemand anderes erinnert sich vielleicht an seine liebevolle Mutter und fühlt bei "Frau" ein wohlig-warmes Gefühl von Geborgenheit. 
Und einige stecken mich jetzt vielleicht in die Schublade "einseitig", weil ich jetzt drei Mal über Frauen geschrieben hätte, und nicht über Männer - und Frauen seien sowieso nicht launisch, was ich gar nicht gesagt habe. Selbst das ist eine solche Kategorisierung.

Und doch steckt Im Detail hier dann auch wieder eine unglaublich grosse Menge Individualität und Raum fürs besonders sein. Die verliert man nicht automatisch, wenn man in einem einzelnen kleinen Bereich geschubladet wird.

Ein paar Fakten sind einfach allgemein gültig. 
Wie... Frauen werden schwanger, Männer nicht. 
Deshalb kann man fest davon ausgehen, dass ein Mann kaum ernsthaft mit der Frage konfrontiert wird, ob er schwanger sei, wenn er ein Bäuchlein hat.

Bei Frauen passiert das gelegentlich. 
Für den der das verwechselt ultrapeinlich, und für die so angesprochenen irgendwo zwischen ziemlich verletzend und absolutem Supergau.

Auf der anderen Seite gibt es eine grössere Wahrscheinlichkeit, dass ein Mann körperlich kraftvoller ist, sonst hätte Regina Halmich längst mit einem der Klitschkos in einem Ring geboxt. Aber das ist in den Regelwerken nicht einmal vorgesehen... 

Dafür liegen Männer jedoch schon mit einem kleinen Schnupfen viel eher und länger KO in der Ecke. Und jammern meistens intensiver...

Ich glaube bestimmte Einordnungen sind gar nicht so falsch. 
Und ich glaube sogar wir brauchen diese "Vorurteile" - zumindest in ein paar Bereichen. Weil sie unser Leben einfacher machen und schneller zu meistens richtigen Entscheidungen führen. 

Ich halte sie daher für nichts, das man mühevoll bekämpfen bräuchte. 
Im Gegenteil. Es hat auch etwas sehr Positives. 
Denn man findet ja so die Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben und einem dementsprechend mit Einfühlungsvermögen begegnen. 

Wie gut fühlt es sich zum Beispiel an, wenn man als Antwort auf die Erzählung 
"Stell Dir vor, die blöd Kuh aus der Buchhaltung hat mich heute gefragt, ob ich schwanger bini" gesagt bekommt "Das ist mir auch schon passiert - total gemein!" 
Doch viel besser als "... und? Bist Du?!"

Und noch etwas - ist man ständig darauf bedacht, nicht in Schubladen gesteckt zu werden, überhört man gelegentlich Dinge, die einem eventuell sogar eine eigene Weiterentwicklung ermöglichen würden. Denn während man das Florett zückt, um die "Vorhaltung" abzufechteln hat man den Inhalt keine Sekunde auf "Könnte was dran sein" geprüft. 
Weil man dazu viel zu beschäftigt mit der Verteidigung ist.

Und Kategorien haben auch viel Gutes. Immerhin finden wir uns so in den Rezepten besser zurecht, um nur ein Beispiel zu nennen, das wir alle kennen und nachvollziehen können.

Bestimmt gibt es irgendwo auf der Welt die eine oder andere Frau, die Klitschko K.O. hauen könnte, und bestimmt gibt es auch Männer, die einem Schnupfen tapfer trotzen.

Mir ist das alles sehr bewusst. 
Sowohl, dass es eine Mehrheit für etwas gibt, und dass es ebenso Ausnahmen gibt.

Trotzdem ist es gerade in meiner Arbeit ziemlich wichtig, Muster zu erkennen und Mehrheiten einzuordnen. Und wenn ich sicher bin, dass etwas relevant ist, dann benenne ich das auch einmal.

Wenn ich in Kategorien spreche, dann ist das eher vereinfachend und niemals böse gemeint. 

Und dass es Ausnahmen gibt, und jeder sein Anrecht auf Individualität besitzt, ist mir dabei durchaus bewusst. Für mich hat jeder Mensch etwas Besonderes.



Bis später.





1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ich wurde bei einer Familienfeier mal beglückwünscht und wann es soweit sei. Ich guckte ihn an und meinte "gar nicht, ich bin einfach nur fett" .. man war ihm das peinlich :) Ich mache das recht gerne, die wenigsten rechnen damit dass man weiß dass man dick ist. Ein Kunde meines Freundes fragte ihn ob ich schwanger sei, er meinte "nein sie ist einfach nur übergewichtig" .. schwupp fühlte sich der Kunde ertappt und sehr sehr peinlich berührt. Natürlich ärgern mich solche Fragen, sie sind meiner Meinung nach von Fremden ungehörig, sowas fragt man einfach niemanden den man nicht/kaum kennt... aber ich finde denjenigen mit der eigenen Waffe zu schlagen viel lustiger .. und es macht Spaß sie stammeln zu hören nach ihrer Ar***bombe ins Fettnäpfchen. ^^

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