Samstag, 12. März 2016

Unsere Lebensmittel sind sicher. Oder nicht?

KKritik
"Unsere Lebensmittel sind sicher wie nie zuvor!" 
Lebensmittelsicherheit, einmal näher beleuchtet...


"Unsere Lebensmittel sind sicher wie nie zuvor!"
Behaupten die, die für eben diese Sicherheit in Sachen Lebensmittel für uns zuständig sind.
 


Das sind zum Beispiel Christian Schmidt, unser Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft. Das ist er zumindest zum Zeitpunkt, als ich diesen Artikel hier schreibe. Man weiss ja nie...  Und die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.





Oder Thomas Mahlberg. Oder Herrmann Färber. 
Letzere beiden sitzen im Bundestagsausschuss für Ernährung. 

Alle 3 haben eines gemeinsam: Sie sind Mitglieder der CDU/CSU. 
Und alle 3 sagen das gleiche: "Unsere Lebensmittel sind sicher wie nie zuvor."

Ich habe da ein paar Fragen an die 3.
Woran macht Ihr das denn genau fest? Mit der Sicherheit?

An der Tatsache, dass jeden Tag 1.000 neue Diabeteskranke  hinzu kommen?
Oder daran, dass wir jeden Tag 900 neue Demenzpatienten dazu bekommen?
Dass wir 67% der Männer übergewichtig haben und 53% der Frauen?
Und jedes fünfte Kind?


Die Betrachtung von Lebensmittelsicherheit geht über Salmonellenbefall und Streptokokken hinaus, meine Herren.


Und noch etwas haben die Herren gemeinsam. 
Sobald sie vor einer Kamera zu bestimmten Themen befragt werden wie Urinproben, die Glyphosat beinhalten oder neulich der Fund im Bier... machen sie sich lustig über Organisationen wie den BUND oder das Umweltinstitut München. 

Das sei ja nicht wissenschaftlich. Verwunderlich, wo die Proben teilweise in den gleichen Labors untersucht werden wie vom BfR. Und wenn mal nicht, dann so gut wie immer mit der identischen Methode.


Was sie dabei vergessen (oder vielleicht besser gesagt, die Bürger vergessen machen wollen) ist, das es eigentlich ihre eigene Schande ist, dass sich Bürger privat organisieren müssen, um solche Proben überhaupt zu finanzieren und solche Tests durchzuführen. 

Denn es wäre ihre verdammte Pflicht, sich darum zu kümmern. 
Denn dafür werden sie aus Steuergeldern bezahlt, und das gar nicht mal so schlecht. 


Der Herr Bundesminister kommt seit Juli 2015 auf einen Gehaltsscheck von 20.000 Euro.
Und wenn er brav 4 Jahre durchhält, dann kommt er auf auf ein Ruhegehalt von mehr als 4.000 Euro im Monat. Und für jedes weitere Jahr kostet er den Steuerzahler monatlich 350 Euro mehr, gedeckelt auf maximal rund 10.500 Euro. Im Monat.
Wenn er aus dem Amt entlassen wird, bekommt er erst einmal ein Übergangsgeld. 
Um sich von den Strapazen der aufzuschiebenden Entscheidungen wie Kükenschreddern, Quengelkassen, Weinköniginnen küssen und den knallharten Aufgaben als Bierbotschafter zu erholen. Das sind zwischen 65.800 und 197.000 Euro. Je nach Amtsdauer.

Nur mal so gesagt.


Und die anderen beiden verdienen neben den aktuell auch nicht gerade mal unüppigen Diäten um die 10.000 Euro nebenbei auch noch ein bisschen Geld. Herr Färber steht mit mindestens 40.000 Euro im Buch, Herr Mahlberg muss sich mit schlappen 42.000 Euro begnügen. (Stand August 2015)

Aber das gute daran ist ja, dass die Nebenbeiverdienste nicht den Steuerzahlern zur Last fallen. Sondern irgendwelchen anderen. 
Wie viel genau und wofür... müssen sie ja nicht sagen, das wäre ja noch schöner 
(wenn der Wähler wüsste, wessen Lieder sie singen, weil das Brot von anderen kommt).


Aber schauen wir uns doch die beiden leidenschaftlichen Vertreter unserer Lebensmittelsicherheit  im Bundestag einmal näher an.
 (Christian Schmidt haben wir hier ja schon mal beleuchtet...)


Herrmann Färber (Abstimmungsverhalten gemäss Abgeordnetenwatch)
Den Anbau von Genmais in der EU will er lieber nicht verhindern, Kennzeichnungspflicht von Genhonig findet er überflüssig, genauso die Transparenz bei Rüstungsentscheidungen
Bei der Diätenerhöhung hat er Ja gesagt, aber die Renten in Ostdeutschland auf Westniveau angleichen? Da meint er doch lieber Nein. Rückwirkende Erhöhung von Kinderfreibetrag und Kindergeld? - Nein
Ebensowenig versteht er die Aufregung um die Schiedsgerichte. 
Ablehnung von Schiedsgerichten bei TTIP und CETA? Iwo, Nein
Klimaschutz 2020? - Nein


Thomas Mahlberg (ebenfalls Daten aus Abgeordnetenwatch)
Genmais? Aber bitte doch. Genhonig markieren? Nein? Wieso auch. Geht den Verbraucher nix an.
Transparenz ist überflüssig. Natürlich auch bei Rüstungsexporten. Lockerer sieht er das mit den Diäten. Da kann man schon mal zulangen. Aber bitte: Ja! Ein Ossi soll die gleiche Rente erhalten wie ein Wessi? Quatsch. Nein. Schiedsgerichte findet er eine sinnvolle Lösung. Dafür ist Klimaschutz eine unsinnige Massnahme.


Herr Mahlbergs Nebenverdienste hat er u.a. bei einer Firma bezogen, die sich mit dem Verkauf von Agrar-Chemie beschäftigt und damit er in Sachen Ernährung nicht ganz so aus der Übung kommt, ist er nebenher noch Aufsichtsrat in einer grossen Firma, die sich u.a. mit Catering und Kantinenkochen beschäftigt. Das ist sehr praktisch, denn so ist man dann auch Spezialist auf dem Gebiet und hat immer ein verständnisvolles Ohr für die Anliegen der Caterer.


Herr Färber ist grundsolider Landwirtschaftsmeister. So solide, dass er nebenbei auch noch ein angesehenes Mitglied im Vorstand des Landesbauernverbandes Baden-Württemberg. 

Jetzt muss ich Monsanto doch mal eben schnell einen Tipp geben.
Wenn Ihr Euch eine goldene Zukunft sichern wollt, dann sorgt ihr vor allem mit einem stetigen "Informations"-Fluss und ab und an "Geschenkles" bei den Vorständen dieser Verbände. 
So macht ihr die zu einem effizienten, positiv gestimmten Multiplikator Eurer Botschaften. 
Und wenn man jetzt noch einen finden könnte, der auch noch Bundestagsabgeordneter und im Ernährungsausschuss wäre, dann würde ich dem man einen von Euren Lobby-Leuten vorbei schicken. Besonders wenn der dann auch noch Mitglied im Beirat einer Redaktion, die sich darum kümmert, dass Informationen an die Bauern weitergegeben werden. Und die, die die Bauern gerade regelmässig informiert wie harmlos Dinge wie Glyphosatrückstände im Urin... 
Öh. Moment. Macht Ihr das etwas schon? Man weiss es nicht.

Was man weiss ist, wie er über Einflussnahme von Wirtschaftsinteressen denkt. 
Denn das hat er auf Abgeordnetenwatch auf eine recht direkte Frage zu den Bedenken eines Bürgers (wie kam denn der wohl überhaupt auf so eine Idee?) geantwortet:

Frage:
"Sehr geehrter Herr Färber,

ich frage mich warum Sie und Ihre Partei so vehement gegen Regelungen für mehr Transparenz sind? Sie geben Lobbyisten freien Zugang zu den Parlamenten und lassen sogar ganze Gesetze schreiben, Sie sind gegen strengere Regelungen in Bezug auf Korruption und Mandatsträgerbeeinflussung?
[...]  Ich meine, dass es im Politikbetrieb mehr Transparenz, strengste Regelungen in Bezug auf Korruption und Mandatsträgerbeeinflussung, mehr Bürgerbeteiligung und einen generellen Faktencheck bei Debatten in den Parlamenten braucht. Wie ist Ihre genaue Meinung hierzu?"

Antwort:
"[...] Je vielfältiger die Informationsquellen eines Abgeordneten sind, umso besser seine Entscheidungsgrundlage. [...]  Und für eine gute Entscheidungsfindung muss es eben auch möglich sein, einige Ideen einfach einmal vertraulich zu diskutieren. [...] Selbstverständlich beeinflusst es auch meine Meinung, wenn ich bei derartigen Gesprächen neue Informationen erhalte. [...] Für mich ist wichtig: ich will als Politiker an meinen Entscheidungen gemessen werden, die ich selber zu verantworten habe – unabhängig davon, mit wem ich Gespräche führe."


Da kommt man ja fast in die Versuchung, ihn tatsächlich an seinen Entscheidungen zu messen.



Ich persönlich zweifle daran, dass wir tatsächlich sagen können, unsere Lebensmittel seien sicher wie nie zuvor. 

Nach knapp 4 sehr intensiven Jahren zu diesem Thema habe ich einen vollkommen anderen Eindruck gewonnen. 

Und der ist in einem Satz zusammenzufassen, der gar nicht von mir stammt, sondern aus einer Mail von einer Mutter, die mir letzte Woche schrieb:

"So ein Kindergeburtstag ist gar nicht mehr so einfach. 
Ich musste erst einmal jede Mutter fragen, welche Unverträglichkeiten und Allergien ihr Kind hat. Ich will ja keinen Unfall risikieren."



Bis später.


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