Freitag, 29. April 2016

Mein Fax an das BuMEL

Zustand: KKritisch
Wenn ein Minister die Antwort nicht kennt
Antwort des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft 
auf meine Telefax-Anfrage zum Thema Glyphosat


Vor ein paar Wochen hatte ich eine Reihe von - wie ich finde - brennenden Fragen an unser Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gestellt, bezüglich des Einsatzes von Glyphosat.

Das Ganze begann schon recht kurios. Ich schickte ein Telefax. 
Aus unerfindlichen Gründen kam es beim ersten Sendeversuch zu einem Abbruch. 
Und was macht man da dann natürlich? Richtig: Man schickt es gleich ein zweites Mal.
Bis dort steht: Erfolgreich übertragen.

Niemand zuhaus' bei Christian Schmidt?!
Nicht, wenn Du ein Bürger bist.
Und dann hiess es warten. 
Stellt man eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) an eine deutsche Bundesbehörde, so haben sie einen ganzen Monat Zeit, darauf zu antworten.

Um so erstaunter war ich dann, als ich schon ein paar Tage später einen Umschlag in der Post hatte mit dem Logo des Ministeriums. 
"Was? So schnell?", dachte ich bei mir und riss ihn hastig und neugierig auf...

Darin befand sich die erste Seite meines Fax mit einem Begleitschreiben, dass mein Telefax nicht vollständig angekommen sei und sie die Anfrage nicht bearbeiten können.

Ich solle doch nochmal, falls ich wirklich Lust darauf habe...

Das war doch recht interessant. Wenn man den Kontext sieht. 
Denn ich hatte ja einen Beleg für die erfolgreiche Übersendung.
Wieso sollte sich also jemand die Arbeit machen, die erste unvollständige Übertragung nicht einfach zu ignorieren und sich dann an das zweite zu halten und es einfach bearbeiten? 

Die Antwort liegt wohl am Termin. Denn hätte man gleich gehandelt, wären die Antworten noch vor der geplanten Wiederzulassung (07.03./08.03.) fällig geworden. 
Durch diese seltsame Verzögerung aber - danach. 
Aber natürlich interpretiere ich da zuviel rein, das war selbstverständlich - nur ein Zufall... 

Aber wie es der Zufall eben auch so will habe ich einen ziemlich direkten Kontakt in dem Ministerium, der mir freundlicherweise innerhalb eines Tages die Emailadresse der zuständigen Stelle und die direkte Faxdurchwahl besorgt hat.

Ich schickte meine Anfrage also erneut. 
Diesmal direkt, und nicht ohne einen spitzen Kommentar zu dem Umstand, dass ich einen Sendebericht habe. Den fügte ich bei. Ausserdem konnte ich mir die Frage nicht verkneifen, ob es ihnen als Einschreiben oder als ein grosses Postpaket lieber wäre, wegen der Trackingnummer. Oder ob sie den Eingang jetzt auch so bestätigen können. 
Das taten sie dann auch. Bestätigen. 
Und schon waren wir für die Antwort wieder pünktlich im Rennen. 
Dann hiess es wieder: Warten.

Ein Monat ist lang, aber wenn man dann so viel beschäftigt ist, dann denkt man dann auch nicht mehr jeden Tag daran. Sowieso nicht, wenn man sich den Überwachungstermin in den Kalender eingetragen hat. 

Aber dann kam die Antwort. 
Um die Antwort zu verstehen, müsst Ihr vielleicht erst einmal genau wissen, welche Fragen ich gestellt habe. Ich finde die Fragen mehr als spannend, schaut doch mal rein, ich habe Euch mein Original-Fax hier verlinkt.
Meine Anfrage (PDF)

So. Und jetzt zur Antwort. Ich lasse Euch hier an einem Scan teilhaben.
Antwort des BMEL (PDF)


Für die, die gerade nicht so viel Zeit haben - oder verständliche Schwierigkeiten haben zu verstehen, was die meinen -  fasse ich die Antwort übersetzt auf Normaldeutsch zusammen:


1) Wir haben ähnlich unangenehme Fragen schon den Linken und den Grünen im Bundestag beantwortet, hier die Links, tipp die ab und such Dir Deine Antworten gefälligst selbst.

2) Ausserdem hast Du hier noch ein paar extra lange Links zum Abtippen. 
Die führen Dich auf das offizielle Geschwafel des BMEL, de BfR und des BLV. 
Wenn Du dort lange genug suchst, dann findest Du dort zwischen all dem Blabla vielleicht auch Deine Antworten. Falls Du Dich bei den Monsterlinks nicht vertippst. Dann findest Du eben gar nichts. Dein Pech.

3) Wir kennen die Gesetze viel besser als Du, und wir finden, dass das Informationsfreiheitsgesetz dazu da ist, dass Du Dir Deinen Kram selbst aus allgemein zugänglichen Quellen zusammensuchen kannst. 
Wir erkennen aus dem Umstand, dass Du Internetadressen zitierst, dass Du genug Ahnung haben musst, Dich in dem Wirrwarr an Behörden-Webseiten zurecht zu finden.

4) Wir beantworten nur das, wovon es Aufzeichnungen gibt und zwar zum Zeitpunkt Deiner Fragestellung. Was wir sonst noch so tun und geplant haben geht Dich nichts an, und wir machen uns auch ganz sicher nicht die Mühe, Dir hierzu irgendwelche Fragen zu beantworten. Wo kämen wir denn da hin, wir sind ja nicht in einer Demokratie, wo jeder alles einfach fragen kann? 

5) Auch wenn wir die übergeordnete Behörde zum BfR und BVL sind, haben wir keine Lust, uns mit denen auseinander zu setzen oder gar Informationen mit denen auszutauschen, das wäre Arbeit. Frag dort gefälligst selbst nach, hier sind die Adressen.

6) Wenn Du sonst noch was wissen willst, dann sag gerne Bescheid, aber dann musst Du schon konkreter werden und uns am besten die Akten benennen, in denen die Antwort steht, sonst finden wir das ja nicht. 

7) Und eines noch, Bürschchen: Falls Du tatsächlich auf die Idee kommen solltest, uns nochmal zu belästigen solltest Du wissen, dass wir entscheiden, ob wir dadurch einen höheren Verwaltungsaufwand haben oder nicht. 
Und das kann Dich dann gut und gerne mal bis zu 500 Euro Gebühren kosten. 
Willst Du das wirklich riskieren? Na?! 
Oder vielleicht doch lieber zurück Marsch, Marsch ins Glied, zu den anderen?


What the... Konkret soll ich sein. Wieviel konkreter denn noch?
Nicht eine einzige Antwort! Auf keine einzige meiner Fragen. 
Wow. Das ist mal dreist.


Eigentlich wollte ich der Person antworten, wenn ich mich beruhigt habe. 
Aber ich habe mich entschieden, diese Antwort hier öffentlich im Blog zu geben:


Guten Tag, Hilger.

- 1 - 
Das nächste Mal, wenn ein Bürger seine Rechte wahrnimmt und Sie etwas fragt, dann sollte Ihnen in allererster Linie einmal klar sein, woher das Gehalt kommt, dass Sie jeden Monat überwiesen bekommen. Der einzige Grund, dass sie das erhalten ist darin zu sehen, dass unsere Demokratie einen gewissen Verwaltungsaufwand hat. 
Für den sich die Bürger entschieden haben, Menschen wie Ihnen den Auftrag zu erteilen, das für uns zu erledigen. Dafür werden sie bezahlt, und zwar aus Steuergeldern. 
Wir Bürger sind daher keine lästigen Störenfriede, sondern in letzter Instanz die Auftraggeber, die Ihnen das Vertrauen geschenkt haben, dass Sie diesen Verwaltungsaufwand für uns erledigen. Das Vertrauen sollten sie dann auch rechtfertigen.

- 2 - 
Auch wenn Sie tatsächlich einmal mit den Ihrem Ministerium untergeordneten Behörden sprechen müssten, um die eine oder andere Frage zu beantworten habe ich nicht um deren Darstellung gebeten, sondern ganz bewusst und explizit um die des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. 
Aus Ihrer Antwort ist daher zu schliessen, dass das BMEL keine Antworten auf meine Fragen kennt, zumindest keine, die die Bevölkerung zu wissen hat.

- 3- 
Ihre Forderung nach konkreten Bezeichnungen ist angesichts der vollkommen klar gestellten Fragen ein müder Witz. Es geht nicht konkreter, und das wissen Sie auch. 
Es gibt für mich nur zwei Möglichkeiten, wieso sie das tun: 
Entweder, Sie haben - und das kann ich mir sogar gut vorstellen - auf die meisten Fragen tatsächlich überhaupt keine Antworten oder Sie müssten uns Antworten geben, die ihren eigenen Vorhaben hinsichtlich einer Wiederzulassung entgegen stehen.

- 4- 
Um Ihnen Ihre künftige Arbeit zu erleichtern habe ich für Sie einen leicht verständlichen Textbaustein geschrieben, den Sie gerne für weitere Antworten zu den Fragen rund um das Thema Glyphosat verwenden können:

"Das Zeug ist Mist, das wissen wir selbst. Wir kennen ja die Datenlage genau, auch wenn wir sie nicht in die Öffentlichkeit geben wollen. Für die Rückstände in den Körpern unserer Bürger haben keine Erklärung und wir wissen auch nicht, wie wir damit umgehen sollen. Genauso wenig haben wir einen Plan, wie wir die daraus entstehenden Kosten für die Allgemeinheit eindämmen sollen. 
Allerdings haben wir den Auftrag von oben, das Zeug weiter im Umlauf zu halten, weil es ein paar interne Beziehungen zwischen unseren Chefs und jenen gibt, die allesamt damit sehr viel Geld verdienen. Und unseren Chefs dürfen wir auch nicht widersprechen, sonst wären wir unseren Job los."

MFG NDV



Am Ende muss uns allen klar sein, dass heimliches Gemauschel immer noch viel zu einfach ist, weil immer weniger Journalisten oder Bürger die richtigen Fragen stellen. Was man ihnen angesichts einer solch entmutigenden Antwort nicht einmal verdenken kann. 
Die Frage ist, ob wir das hinnehmen, und wenn ja: Warum eigentlich?!

Im Zeitalter des Internet wird es aber zunehmend schwieriger, die eigentlichen Wahrheiten zu vertuschen und zu unterdrücken. Man kann für Verwirrung sorgen, ja. 
Das wird auch getan und sogar ganz schön viel Geld dafür ausgegeben. 
Aber am Ende setzt sich die Wahrheit eben doch immer durch.
Das haben die Mauschler nur noch nicht begriffen.

Dieses Antwortschreiben ist ein eindrucksvoller Beleg, dass wir an einem Punkt angekommen sind, an dem die Regierenden mit Worten zu den Bürgern sprechen, die ein einfacher Mensch aus unserer Mitte kaum noch versteht. 

Transparenz - obwohl gesetzlich vorgesehen - findet faktisch nicht statt.

Und zusätzlich wird das Ganze noch mit einer gehörigen Portion Arroganz gewürzt, die eigentlich vollkommen unangemessen ist, wenn man bedenkt, dass wir Bürger die Auftraggeber und nicht die Bittsteller sind.

Wenn man etwas aus dieser Aktion mitnehmen kann - ausser, dass unser Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft jetzt ein Mittel wiederzulassen will, bei dem es auf die dringendsten Fragen tatsächlich selbst keine Antworten kennt - dann ist das auch, dass wir uns tatsächlich ernsthaft Sorgen machen sollten um den allgemeinen Zustand unserer Demokratie. 

Und dass wir uns fragen sollten, ob dieser Zustand das ist, was wir wollen.

Demokratie ist für uns alle. Das sollten wir nicht vergessen.
Auch wenn wir sehen, dass andere das bereits vergessen haben, obwohl sie ihren Lebensunterhalt aus ihr bestreiten.


Bis später.




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