Freitag, 6. Mai 2016

Stress is(s)t Käse

KKWissen
Stress is(s)t Käse
Wie Käse uns das Hirn verbiegt

Vor ein paar Monaten hatte ich ein echtes Schlüssel-Erlebnis.


Ein vollkommen gestresster Mensch zischt mit einem knappen "Hallo" an mir vorbei. 
An den Kühlschrank, reisst die Tür auf, holt einen Käseblister raus und beisst in den kompletten Stapel gelbe Scheiben, als sei es das letzte, was es auf der Erde zu essen gäbe. Und das erste, nach sehr einer laaangen Hungersnot. 
Wie ein Verdurstender nach 200 Kilometer Fussmarsch durch die Atacama-Wüste...

"Ahhhhhh, das habe ich jetzt gebraucht", tönte es...


In dem Moment macht es Klickediklack in meinem Hirn und ich erinnere auf einmal an eine Vielzahl an ähnlichen Erlebnissen bei Gesprächen mit Menschen, die mir versichert haben, sie können alles lassen - nur nicht den Käse. 

Interessanterweise gibt es bei denen eine typische Gemeinsamkeit: 
Fast alle sind besonders zackige Leute, mit viel Alltagslast, teilweise auch ein bisschen mit selbstgemachten Stress, wo vielleicht eigentlich weniger nötig wäre... 

Ich beschloss dann, dem gehst Du mal intensiver nach...


Das gezielte Herauspicken von jenen, die beschwören sie würden für den Biss in eine Käse-Ecke töten, wenn sie am Ende eines langen Tages nach Hause kommen und ein paar Interviews später fühlte ich mich absolut bestätigt. 

Da gibt es einen Zusammenhang.

Käse als Entstresser, als Wohlfühl-Faktor, unerlässlich und offensichtlich - mit Suchtpotential.

Aber - was ist denn da nu dran? Oder besser gefragt: Drin?




Casomorphine. Nicht meine Idee. Die heissen wirklich so.
Und wer jetzt das Wort Morphium herausgelesen hat... Genau.
So wirken sie auch. Opiatähnliche Stoffe,die bei der Verdauung von Kasein entstehen.

Die kitzeln dann vorbei an der Blut-Hirn-Schranke ein paar Rezeptoren, die uns dann tatsächlich zu anderen Menschen werden lassen.

Wir werden ruhiger, das Bewusstsein wird gedämpft, Schmerzen gelindert und der Blutdruck gesenkt. Ein natürlicher Painkiller mit eingebautem Brainfog, sozusagen.



Jetzt kann man sich natürlich fragen, wieso die Natur das tut. Auch da haben die Wissenschaftler eine recht plausible Erklärung. Sowohl in Kuhmilch als auch in Muttermilch soll das eine leicht sedierende, beruhigende Wirkung auf die Kinder haben, und wer einmal einem Baby beim Nuckeln zugeschaut hat entdeckt, dass das sogar ziemlich häufig sehr sichtbar stattfindet.

Alles gut, also? Ja. Nein. Jein. 

Das Ding ist: Wie bei vielen Dingen, die Suchtfaktor haben und die an Rezeptoren im Hirn herumspielen ist es auch hier so, dass man kein natürliches Satt/Hungergefühl mehr hat.
Und deshalb nicht wirklich weiss, wann Schluss ist. Also mehr isst, als nötig, und mindestens dieser Teil macht dick. Dazuhin kommt noch, dass sie nicht nur das Hirn faul machen, sondern auch den Darm. Der bewegt sich ja natürlich und ganz von selbst, damit der Speisebrei durch den Körper witscht. Durch die Opiate weniger, und so muss man zumindest davon ausgehen, dass das Essen länger in einem verbleibt, als sich die Natur das ursprünglich gedacht hat. Das könnte bedeuten, man nimmt auch dadurch mehr Energie auf als es eigentlich natürlicherweise der Fall wäre.

Und dann ist da eben der Punkt: Die Natur hat das ja als Milch vorgesehen, von Käse hat Mutter Natur nichts gesagt. Abgesehen davon, dass die sowieso schon beleidigt in der Ecke hockt, weil die Menschen missverstehen, dass die Milch eigentlich für die Kleinen unter uns gedacht ist, filtern wir das Suchtmittel jetzt auch noch raus. Und konzentrieren es schön.

Habe ich etwas gegen Käse?
Nein. Sonst wäre der ja nicht im Kühlschrank gelegen, wenn Ihr richtig aufgepasst habt.
Moderat, am Pausentag, wieso nicht.

Aber wenn man den dann schon geniesst sollte einem bewusst sein, dass der das Bewusstsein... 

Ihr versteht?!

Gerade, wer sich da nicht so im Griff hat, sollte sich wohl überlegen, inwiefern man sich dieser Gefahr aussetzen will. Und ich halte es auch nicht wirklich für eine gute Idee, wenn man das eigentliche Problem, nämlich den Stress nicht an sich anschaut, sondern das mit ner dicken Käsedecke zukleistert. Denn die hilft ja nicht, übertüncht nur und wer abnehmen will, trickst damit auch noch das eigene Hirn aus. Und gibt die Kontrolle ab.

Ich weiss, ich weiss, gerade die, die für Käse töten werden sich jetzt schwer tun, das zu glauben.

Aber denen biete ich das Experiment an: Ladet doch mal am Wochenende ein paar nette Freunde ein, Essen, mit anschliessendem Spiele-Abend. Und dann gibts zum Essen Käsefondue oder Raclette.




Ich wette, der Spiele-Abend fällt aus. Weil danach alle teilnahmslos müde gar nicht mehr die Kraft haben, irgendetwas zu spielen. Beobachtet das mal. Ihr werdet sehen.

Man kann also der Sucht nachgeben und - immer wenn man gestresst ist - die Ritsche-Tüte aufreissen und sich die Hamsterbacken vollstopfen.
Wirkt das? Klar. Die Opiate wirken. Und wie. Aber Deine Abnehmbemühungen werden torpediert.
Und so kommt der Stress wieder. Auf der Waage, wenn nichts geht.

Oder man bleibt im Umgang damit KKlug. Weil man 's verstanden hat. 


Und sucht sich vor allem in erster Linie eine andere Strategie mit dem Umgang mit dem Stress.
Vielleicht ja eine, die mit Essen gar nichts zu tun hat?

Bis später.



Weiterführende Links:


Wikipedia: Casomorphin

Für die Doktores unter Euch interessante 2 Studien zu den Zusammenhängen:
Enzymatic release of neocasomorphin and β-casomorphin from bovine β-casein

Which Foods May Be Addictive? The Roles of Processing, Fat Content, and Glycemic Load

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