Sonntag, 16. Oktober 2016

Wie viel Illusion lässt Du zu und wie viel Realität verträgst Du?

DenKKmalschubserle
Illusion vs Realität  
Wie viel Einfluss lässt frau zu?

Als jemand, der mit Medien und Werbung ab und an beruflich zu tun hat kommt man in der heutigen Zeit kaum am neuen Berufsbild "Youtuber" vorbei.

Die Chancen stehen ziemlich gut, dass - so Ihr jemand zwischen 12 und 16 Jahren in Eurem Lebensumfeld habt - dieser junge Mensch anstatt "Astronaut" oder "Feuerwehrmann" mit grossem Abstand viel eher "Youtuber" werden will, wie mir eine kleine Umfrage belegt, die ich neulich bei ein paar Schulkindern gemacht habe.

Die meisten wissen das, aber für die, die nicht - kurz erklärt:
Youtuber sind Menschen, die davon leben, kleine Filme auf Youtube hochzuladen um dann von den Werbeeinnahmen zu leben, oder -wenn sie dann mal berühmter sind - von Firmen bezahlt werden, bestimmte Produkte vorzustellen.





Eine relativ berühmte und preisgekrönte Youtuberin aus Grossbritannien ist Zoella.
Während ich diesen Bericht hier schreibe hat sie knapp über 11,1 Millionen Abonnenten. Das ist einer der Masstäbe, an denen die Popularität von Youtubern gemessen wird.
Und ihre ist sehr respektabel hoch.

In ihrem Kanal gibt sie Schminktipps, erzählt ein bisschen aus ihrem Leben, stellt Produkte vor und hat sich selbst zwischenzeitlich schon derart als eigene Marke etabliert, dass es sogar schon Produkte zu kaufen gibt, auf denen ihr Name Zoella steht.

Das mal zur groben Orientierung.

Ich halte sie aus verschiedenen Gründen für erwähnenswert, denn einmal ist sie ein sehr typisches Produkt des aktuellen Zeitgeistes, dem wir gerade unterliegen, dann hat sie ein bisschen was von dem Hochglanz-Schön, dass unsere Medienwelt prägt und zu guter Letzt hat offensichtlich auch eine ziemliche Anziehungskraft auf die Menschen, sonst hätte sie nicht so viele Abonnenten. 

Als ich nun während meiner Expedition durch diese Youtube-Welt unterwegs war und versucht habe, das Phänomen Youtuber ein bisschen besser zu verstehen, stiess ich - mehr oder weniger durch Zufall - auch auf ein Video von ihr.

Und das eignet sich meiner Meinung nach dermassen,
etwas zu demonstrieren, dass ich es gerne mit Euch teilen möchte:





Ihr müsst dieses Video nicht ganz anschauen (falls Euch der Inhalt nicht interessiert oder Ihr nicht englisch könnt). Darum geht es mir ja auch gar nicht.

Worum ich Euch aber bitte:
Schaut das Mädchen am Anfang kurz an und spult dann auf das Ende

Ist es nicht verblüffend, wie gross der Unterschied ist?

Und - ist es nicht ein starkes Symbol dafür, wer wir natürlicherweise eigentlich sind und wie etwas Maskerade etwas komplett anderes aus uns machen kann?

Am Anfang sehen wir die Realität. So sehen Menschen halt nun mal aus.
Ein paar Pickelchen hier, ungleichmässige Haut, ein paar Augenringe.

Und auch wenn es am Ende meiner Meinung nach sehr schön anzusehen ist:  

Nüchtern betrachtet ist es nicht mehr als eine Maske, die das wahre Mädel verbirgt.
Ich will jetzt hier nicht über Sinn und Unsinn von Makeup schreiben, wer sich damit besser fühlt soll das bitte gerne machen, und das Ergebnis kann sich ja wirklich sehen lassen und ist hübsch anzusehen...

Nein. Stattdessen möchte ich dieses Beispiel vielmehr verwenden um zu demonstrieren, dass wir in unserer Werbe-Geprägten Welt immer mit der Illusion bombardiert werden, dass Zoellas Nachher unser Vorher sein soll. Das ist Quatsch. So ist es nämlich nicht.


Ich ziehe ehrlich meinen Hut vor ihr, dass sie ihr Vorher so offen zeigen kann.
Zeugt es doch von einem gesunden Selbstbewusstsein. Denn gerade in einer Welt, in der unter jedem Video ein Kommentarfeld eine dermassen grosse Angriffsfläche auf die eigene Würde bietet, und von der sie aus ihren Erfahrungen weiss, dass diese all zu oft intensiv missbraucht wird - sie macht es trotzdem.

Und so ähnlich wie mit dem Makeup ist es auch mit dem "Schönheitsideal schlank".


Auch wenn sich der Trend in den letzten Jahren immer mal wieder den eigentlichen Gegebenheiten angepasst hat, und es ab und zu auch als schick gilt, XL-Models auf den Laufsteg zu schicken (darüber hatten wir in unserer Facebook-Gruppe ja heute eine kurze Diskussion) - die Realität sieht doch leider ganz anders aus. 


Vor nicht einmal einem Monat titelt der Spiegel:
"Dicke werden in Deutschland ausgegrenzt"
Ich stimme zwar einigen Inhalten - z.B. was die genannten Auslöser des Problems sind - absolut nicht zu - aber insgesamt kann man sehr viele Infos ableiten, wie es um die Wahrnehmung von "Dick" bei uns tatsächlich bestellt ist. 

Und die Wahrheit ist verheerend. Entmutigend. Deprimierend. 

Aber. Eben. Realität.

Im Fernsehen sehen wir viel öfter Zoellas Nachher - und die Wahrscheinlichkeit, dass neben Dieter Bohlen eine dünne perfekt Geschminkte das Supertalent aussuchen darf ist sehr viel höher als Erna Huber aus Buxtehude mit einem BMI von 40+.

Wir Menschen befinden uns im Leben ständig in einem Prozess des Abgleichens.
Wo stehen wir, wo stehen andere - und wie gut kommen wir in der Gesellschaft zurecht, wenn wir so sind, wie wir wahrgenommen werden? Das ist ein ganz natürlicher, aus der Tatsache 
erwachsener Überlebensinstinkt, dass wir Rudeltiere und somit auf die Sympathie anderer angewiesen sind.

Die Frage, ob wir nun der Zoella-Nachher-Illusion aus der bunten TV/Werbe/Hochglanz-Magazinwelt mehr Raum geben wollen als der auf die meisten von uns viel mehr zutreffenden Zoella-Vorher-Realität - kann sich vermutlich jeder nur selbst gut beantworten.

Ich persönlich glaube ein gesundes Mass an Realität ist auch gesünder für uns selbst.


Ich habe da neulich ein Zitat gefunden, dass ich Euch gerne übersetzen möchte:
"Dein Körper ist nicht Dein Meisterstück. Man suggeriert uns eine Million Mal am Tag, unsere Körper seien unser Projekt. Das sind sie nicht. Unsere Leben sind es. Unsere Beziehungen. Unsere Arbeit. Hört auf damit, wie besessen Eure Körper zu perfektionieren. Als wäre das das einzige, was Ihr der Welt zu bieten habt."

Da steckt viel Wahrheit drin, ich ergänze das aber noch um ein paar Gedanken, die mir da fehlen: 


Für mich ist es das gesunde Mittelmass, das zählt. 

Und ein gesunder Körper kann mehr. Hält länger. Gibt uns mehr Lebensqualität. Mehr Kraft. Hat seinen eigenen Teil am Selbstbewusstsein.

Es nützt nichts, wenn man sich in die eigenen Tasche lügt.
Ob man dazu eine Maske von Lancome aufsetzt, oder sich eine Familienpackung 

Form-Unterhemden oder Bodyshaper kauft.

Wenn am Abend Schminke und Klamotten fallen und wir in den Spiegel schauen werden wir alle mehr oder weniger das gleiche feststellen: Wir sind, wie wir sind.
Kein Hochglanz. Keine Perfektion. Menschen, halt.

Das darf aber eines nicht überdecken:
Trotzdem können wir sehr viel mehr vom Leben haben, wenn wir frei von gesundheitlichen Folgen in einem gesunden Körper stecken. Das klappt dick nicht so toll. Und manchmal ist die Rückkehr zu normal auch unbequem. Aber lohnenswert. Auch eine Realität.

Attraktivität kann auch ganz von alleine kommen, wenn wir uns 
positiv und mit Elan und Passion um die Dinge kümmern, die uns eigentlich ausmachen und die eigentlich wirklich im Leben zählen. 

Was das dann wirklich ist muss jeder für sich selbst herausfinden und entscheiden.
Denn da ist wirklich jeder anders.


Bis später.




Weiterführende Information:
Das angesprochende Video Zoella
Der angesprochene Spiegel-Bericht




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